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Analyse der Informations- und Aufgabenkarten des LISUMs Berlin – Brandenburg zum Thema Christentum

Aufgrund der Tatsache, dass die von mir untersuchten Ethiklehrbücher für die 9. und 10. Klasse nicht frei waren von Werbung für das Christentum, habe ich mir nun die Informations- und Aufgabenkarten des LISUMs Berlin-Brandenburg angeschaut.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass diese Karten gerade den Schülern, die bisher wenig über das Christentum wissen, einen guten Einblick verschaffen. Der Umfang des Materials ist meiner Ansicht nach angemessen. Es ist jedoch unübersehbar, dass man auch hier um eine einseitig positive Darstellung bemüht war. Ich weise im Folgenden darauf hin, an welchen Stellen man zur Schaffung eines realen Bildes auch hätte die andere Seite des Christentums mit behandeln müssen.

Mir ist klar, dass jede Infokarte nur einen gewissen Umfang haben und daher gewiss nicht alle meiner Ergänzungen enthalten kann. Ich hole trotzdem gelegentlich etwas weiter aus, um die Legitimität meiner Einwände verständlicher darzustellen. Auch schlage ich vor, zwei zusätzliche Informationskarten einzufügen, die sich mit dem Antijudaismus im Christentum und mit dem Verhältnis des Christentums / der Kirchen zu Nicht- und Andersgläubigen auseinandersetzen.

Ich freue mich, wenn das LISUM die vorliegenden Unterrichtsmaterialien aufgrund meiner Hinweise überarbeitet.

Beate Turner

Karte  – Die Ausbreitung des Christentums

Die Existenz eines Jesus ist nicht wissenschaftlich bewiesen. Daher halte ich es nicht für angemessen, die Informationskarte so zu beginnen: „Jesus hatte zu seinen Lebzeiten …“ Man müsste schon eher so anfangen: „Nach der Aussage der Bibel hatte Jesus …“ .

In diesem Abschnitt wird zunächst über Christenverfolgungen in den ersten Jahrhunderten u.Z. bis hin zum beginnenden 4. Jahrhundert berichtet. Schließlich wird Kaiser Konstantin gefeiert, der 313 christliche Gemeinden „erlaubte“. Das nenne ich Banalisierung der Geschichte. Der „gute“ Konstantin, der das arme Christenvolk erlöste und die „bösen“ Heiden, die Christen verfolgt haben. [1] – Wer dieses Thema anreißt, darf es so nicht stehen lassen, sondern muss etwas mehr erklären. Warum gab es Christenverfolgungen? Was versteht man darunter?

Die ersten Christenverfolgungen gab es schon bei Paulus. Im Neuen Testament werden Andersdenkende bereits verunglimpft, Christen anderen Glaubens als „Gottesfeind“ bezeichnet. [2]

Es gab anfangs kein einheitliches Christentum. Jede Gruppe hielt sich für das eigentliche, wahre Christentum. Im 2. Jh. konstituierte sich zuerst die Kirche Markions und später die altkatholische Kirche. Darin schlossen sich bisher voneinander unabhängige Gemeinden zusammen und suchten Einigung über eine einheitliche Lehre. Sie entschieden, wer als „rechtgläubig“ zu gelten hatte und wer nicht. Diese Anschauungen, was rechtgläubig ist und was nicht, änderten sich immer wieder.  Naturgemäß gab es Christen, die von der allgemeinen Lehre abwichen.  Diese wurden bald innerkirchlich als so genannte Häretiker verfolgt. Bald gab es viele Abspaltungen. Bis Ende des 4. Jh. gab es nach der Überlieferung 128 konkurrierende christliche Sekten.  Abweichungen vom Glauben sind jedoch im Christentum schlimmste Sünde. So gab es Christenverfolgungen innerhalb des Christentums. Diese gingen meist von den Bischöfen, also den Menschen mit Machtstellung in den Kirchen aus. [3] Die internen Christenverfolgungen endeten nicht mit dem kaiserlichen Erlass von 313. Vielmehr gibt es sie heute noch. Interne Christenverfolgungen nahmen und nehmen verschiedene Formen an – vom Ausschluss aus der Kirche bis hin zur Todesstrafe.

Unter Christenverfolgung verstand und versteht man aber auch Kritik am Christentum. Die erste Streitschrift gegen das Christentum schrieb Celsus Ende des 2. Jh. Auch Porphyrios schrieb im 3. Jh. Bücher, die sich kritisch mit dem Christentum auseinandersetzten. Er gilt als ein Vorläufer rationalistischer Bibelkritik. [4]

Zu damaliger Zeit glaubten noch die meisten Menschen an mehrere Götter. Diesen Menschen erschienen die Christen als „gottlos“. Die Christen mieden oft das öffentliche Leben. Sie huldigten nicht den römischen Göttern. Die Christen kritisierten die römische Religion. Sie behaupteten, das römische Reich sei durch Verbrechen entstanden. Sie wollten vor dem Jahr 314 auch keinen Kriegsdienst leisten. Christen haben einen monotheistischen Gottesglauben und waren / sind der Meinung, sie hätten die einzige Wahrheit und wären von einem einzigen Gott „auserkoren“.  Außerdem ist das Christentum missionarisch. Das stiftete Unruhe und gefährdete die öffentliche Ordnung.  Als Christen verfolgende Kaiser gelten z.B. Kaiser Decinus, Valerian, Galerius, Diokletian und Maximian.  Decius wollte das Reich mit Hilfe der Götter vor Angriffen von außen schützen und erließ deshalb ein allgemeines Opfergebot: „Wer die Götter Roms nicht verehrt und dem allmächtigen Kaiser das Opfer verweigert, ist des Religionsfrevels und des Majestätsverbrechens schuldig.“ [5]  Diese Maßnahme richtete sich nicht nur gegen Christen, sondern gegen alle Andersgläubigen. Die Christen fielen jedoch durch ihre demonstrativen Opferverweigerungen auf und gerieten dadurch ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Diokletian hatte zur Stabilisierung des Römischen Reiches mit Erfolg die Tetrarchie eingeführt und danach konnte man einen Glauben mit einem Ausschließlichkeitsanspruch wie das Christentum nicht akzeptieren. 311 wurden Christen von Galerian mit einem Toleranzedikt „zum ersten Mal in gewisser Weise gesetzlich anerkannt“. (Grant) Christenverfolgungen der römischen Kaiser äußerten sich in unterschiedlicher Weise und unterschiedlicher Härte, z.B. in Versammlungsverboten,  Ämterverboten, Verbrennung christlicher Schriften, Inhaftierungen und Hinrichtungen. Kaiser Valerian ging gezielt gegen die Bischöfe vor.

Die Darstellungen in dem Unterrichtsmaterial bezüglich des Kaisers Nero sollten noch einmal überprüft werden. Ich bin keine Geschichtswissenschaftlerin, aber ich fand hier: http://www.humanist.de/geschichte/nero.html und hier: http://www.basiswissen-christentum.de/de/themen/christenverfolgung.html andere Darstellungen. Daneben ist das Internet von christlichen Websites überschwemmt, die über eine Christenverfolgung durch einen sowieso mordlustigen Kaiser Nero berichten. Ich würde nicht Kaiser Nero als Ursache für die weiteren Christenverfolgungen betrachten, sondern eher die nur unzureichende Unterordnung dieser Menschen unter das System. Auch heute noch werden Sekten und Menschen, deren Anschauungen nicht mit allgemein geachteten Grundsätzen oder den Vorstellungen der Machthabenden kompatibel sind, vom Staat und der Öffentlichkeit nicht geachtet und auch gegenüber anderen benachteiligt.

Kaiser Konstantin erließ sein Toleranzedikt nicht aus lauter Liebe zum Menschen, sondern aus einem Machtkalkül heraus. Er benutzte das Christentum, um seine eigenen Machtansprüche durchzusetzen. Er hatte das Ziel der Universalmonarchie, Weltherrschaft würde man heute sagen. Dabei ging er kaltblütig und skrupellos vor, führte einen Krieg nach dem anderen, zerstörte die bestehende Ordnung und einen Mitregenten nach dem anderen [6]. Kaiser Konstantin hatte auch keine Skrupel, seinen eigenen Sohn zu ermorden, seine Frau zu ersticken, seinen Schwiegervater zu erhängen und seine beiden Schwäger zu erwürgen. [7]  Hatten die früheren Kaiser versucht, eine Festigung des Reiches durch die gemeinsame Verehrung heidnischer Götter (religiöse Einheit) zu erreichen, so versuchte Konstantin das nun mit der katholischen Strömung des Christentums. Offenbar waren ihm der Dogmatismus und die fast militärische Disziplin der Catholica nützlich. Auch die Anweisungen im Alten und Neuen Testament, wie man sich gegenüber Abweichlern zu verhalten hatte, passten wohl ausgezeichnet in seine Pläne. Jedenfalls wurden diese Anweisungen später von ihm konsequent umgesetzt. Konstantin meinte, wer die Gottheit pflichtschuldigst verehrt, nützt auch dem Staat am besten. Zwar war es den Christen bisher verboten, zur Waffe zu greifen, aber Konstantin änderte das schnell 314 mit der Synode von Arelate. Diese drohte allen Christen, die den Kriegsdienst verweigerten, nun mit der Exkommunikation. Mit der so geschaffenen Kriegsmacht tötete er mehr Menschen als alle Kaiser zuvor. Konstantin machte das Christentum zu einer Militärreligion. Mit unzähligen eroberten Schätzen bedachte er den katholischen Klerus. Da der katholische Klerus dadurch an Macht gewann, hatte er auch schnell nichts mehr gegen die Kriegsführung einzuwenden. Er ließ sich auch in anderen Glaubensfragen von Konstantin reglementieren. Das Toleranzedikt sollte für Glaubensfreiheit sorgen, doch in Wirklichkeit wendete sich Kaiser Konstantins Politik bald gegen alle Menschen, die keine Christen waren und auch gegen solche Christen, die sich nicht zum Katholizismus bekannten. „Je erfolgreicher Konstantin wurde, je mehr seine Macht und Bewegungsfreiheit wuchsen, desto rücksichtsloser attackierte er auch die Heiden.“ [8]  Konstantin ließ die Tempel der Heiden zerstören und baute auf deren Grund katholische Kirchen, er raubte die Kunstschätze der Heiden und verleibte sie dem Klerus ein. Konstantin wurde von der katholischen Kirche heilig gesprochen und wird von dieser auch heute noch stark verehrt. Seine Gewalttaten, sein Mord und sein Diebstahl wurden über die Jahrhunderte fortgesetzt und werden bis heute verteidigt. Das von Konstantin begründete Staat-Kirche Verhältnis, das die Kirche gegenüber anderen Glaubensrichtungen bevorzugt, besteht bis heute. In Deutschland heißen sogar noch einige Straßen nach Konstantin (Bonn, Mönchengladbach, Leipzig).

Nach diesen jetzt etwas ausschweifenden Betrachtungen möchte ich wieder zum Inhalt der Informationskarte Christentum zurück kommen.

Positiv zu bewerten ist die Aufnahme der Aussage in die Informationskarte, dass das Christentum dann verbreitet WURDE und die christlichen Herrscher häufig mit Gewalt gegen Menschen anderer Religionen vorgingen. Das ist etwas, was nicht immer gern zugegeben wird.

Ob sich heute wirklich die „meisten“ Christen einig sind, dass andere Religionen nicht bekämpft, sondern geachtet werden müssen, diese Aussage ist vermutlich nicht bewiesen worden. Immerhin gilt die Bibel noch in ihrem vollen Wortlaut als gültig. Und darin lässt sich keine Achtung anderer Religionen und erst recht keine Achtung religionsfreier Menschen, die in dem Unterrichtsmaterial leider nicht erwähnt werden, erkennen. Die Menschen, die sich heute Christen nennen und sich einig sind, dass andere Religionen nicht bekämpft, sondern geachtet werden müssen, leben wohl eher in unseren Breiten und erkennen das Christentum nicht umfänglich an. Gerade aufgrund des Einflusses des Humanismus können es sich christliche Führer in unserer Gesellschaft kaum noch leisten, andere Religionen nicht anzuerkennen. Sie würden damit ihre eigene Macht riskieren.

Karte – Richtungen im Christentum: Katholiken, Orthodoxe, Protestanten

Zitat: „Für viele Katholiken gilt der Papst in Fragen des Glaubens als unfehlbar.“

Ist es nicht so, dass ein Papst selbst das Dogma der Unfehlbarkeit des Papstes kreiert hat?

Karte – Abraham

Zitat: „Gott will keine Menschenopfer“

Warum hat Gott dann seinen Sohn grausamst hinrichten lassen?

Warum übergibt Mose 32 Jungfrauen als „Steuer des Herrn“ dem Priester Eleasar, „wie der Herr es ihm befohlen hatte“ (Numeri, 31,40,41)?

Warum opfert Jiftach Gott seine jungfräuliche Tochter (Richter, 11,39)?

Warum lässt sich Gott durch das Opfern von zwei Söhnen und fünf Enkeln Sauls gnädig stimmen (2 Samuel 21,14)?

Karte  – Maria

Diese Informationskarte spart das Dogma der unbefleckten Empfängnis aus. Ich denke, darauf hätte man kurz eingehen müssen. Gerade auch deshalb, weil so viel die Rede davon ist und die Schüler verstehen sollten, was damit gemeint ist. Von einer unbefleckten Empfängnis wusste man in der ersten Zeit des Christentums noch nichts. Im 8. Jahrhundert kam das Fest der unbefleckten Empfängnis Mariens auf. [9] „Unbefleckt“, damit meinte man, das Kind wird ohne einen Geschlechtsakt und damit ohne Erbsünde geboren. (Der Begriff Erbsünde und des Dogmas müsste erklärt werden.) Erst am 8. Dezember 1854 erklärte Pius IX die unbefleckte Empfängnis Marias als Dogma. Ein weiteres Dogma ist das „Dogma der leiblichen Himmelfahrt Mariens“. Solche Zuschreibungen von Wundern, die normalen Menschen nicht passieren, trugen / tragen zu einem Heiligenkult bei.

Wird Maria wirklich in der Bibel an herausragender Stelle genannt, wie es auf dem nächsten Infoblatt steht? Ist es nicht eher so, dass der Marienkult erst viel später entstand?

Hat sich der biblische Jesus jemals freundlich gegenüber seiner Mutter geäußert?

Karte  – Frauen im Christentum

Hier wird viel zu wenig und viel zu harmlos auf die Diffamierung von Frauen im Christentum eingegangen. Das einzig Kritische, was auf dieser Infokarte zu Frauen im Christentum steht, ist dies:

„Zugleich aber wurden die Frauen gegenüber den Männern immer mehr benachteiligt und von kirchlichen Ämtern ausgeschlossen. Bis heute ist unter Christen umstritten, ob Frauen Priesterinnen werden dürfen. … Die katholische und die orthodoxe Kirche lehnen es ab.“

Die früheste Geringschätzung der Frau im Christentum geht schon auf Paulus zurück. [10] Auch legitimierten die herrschenden männlichen Vertreter der Kirche die Frauenunterdrückung mit der Bibel, nach der der Mann zuerst da gewesen sein soll und die Frau nur aus einer Rippe des Mannes entstand.

„Wenn sich die Frau ihrem Mann, der ihr Haupt ist, nicht unterwirft, ist sie desselben Verbrechens schuldig wie ein Mann, der sich nicht seinem Haupt (Christus) unterwirft.“ [11]

Thomas von Aquin bezeichnet die Frau als einen Missgriff der Natur, als eine Art „verstümmelter“, „verfehlter“, „misslungener Mann“ [12]. Die Verteufelung der Frau gipfelte in den Hexenverbrennungen. Wenigstens darauf sollte man hinweisen. Und dafür waren nicht nur die Katholiken verantwortlich, sondern auch die Protestanten unter der Führung von Martin Luther.

Im kirchlichen Leben wurde die Frau nicht nur durch den Ausschluss von kirchlichen Ämtern diffamiert. Menstruierende und Schwangere galten als unrein, auch die Geburt beschmutzte. Nicht nur die Mutter, sondern auch die Geburtshelfer und zwar abhängig davon, welches Geschlecht das Kind hatte. Bei Geburt eines Jungen betrug die Reinigungszeit der Mutter 40, bei Geburt eines Mädchens 80 Tage. [13]

Die Frauenverachtung im Christentum setzt sich fort bis in die Gegenwart. Ausdruck davon ist z.B. heute noch das christliche Verbot der Empfängnisverhütung und das Aufbegehren christlicher Fanatiker gegen Abtreibungen.

Karte – Gott

Zitat: „Er ist allmächtig“

Gott ist nach Auffassung der Christen nicht nur allmächtig, sondern auch allwissend und allgütig. Warum hat man das hier verschwiegen?

Karte – Die Bibel

In diesem Abschnitt wird beschrieben, wann und wie die Bibel entstanden ist und wie sie aufgebaut ist. Für ein Verständnis der Zusammenhänge ist das von grundsätzlicher Bedeutung.

Zu der Bibelstelle zu den 10 Geboten, 2. Buch Mose, Kapitel 20, Vers 2-17, die hier zum Nachlesen empfohlen wird, „Du darfst nicht töten“ ist zu sagen, dass es in der Bibel, die ja in jeder Hinsicht als gültig gilt, ganz gegensätzliche Aussagen gibt, wie: „Eine Hexe darfst du nicht am Leben lassen“ [14] oder  „Wer einer Gottheit außer Jahwe Schlachtopfer darbringt, an dem soll die Vernichtungsweihe vollstreckt werden“ [15].

Man hätte noch auf die in der Bibel enthaltene Gewalt gegen Andersgläubige eingehen sollen. Insbesondere deshalb, weil die Bibel in ihrem vollen Wortlaut von den Großkirchen anerkannt wird.

Karte – Die Lehre Jesu

Die Worte aus der Bergpredigt:

 „Selig sind, die arm sind vor Gott…

Selig sind die Trauernden…

Selig sind, die keine Gewalt anwenden…

Selig sind, die hungern und dürsten nach Gerechtigkeit…

Selig sind die Barmherzigen…

Selig sind, die ein reines Herz haben…

Selig sind, die Frieden stiften…

Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden“… (Matthäus 5, Vers 3-10)

können ganz anders verstanden werden, als hier dargestellt. Auf dieser Informationskarte steht, dass diese Worte gerade nicht für die Reichen und Mächtigen gedacht wären. Jedoch wurden und werden diese Worte von den Reichen und Mächtigen ganz in ihrem Sinne genutzt und sind hervorragend dazu geeignet, um Menschen auszubeuten und zu unterdrücken. Man bietet den armen Menschen, die sich aufgrund ihres christlichen Glaubens ohne Gegenwehr auch noch das letzte, das sie haben, wegnehmen lassen, die mit ihrem vollen Einsatz, selbst unter Verfolgung, Hunger und Durst, für die „Gerechtigkeit“ eintreten – und Gerechtigkeit, das ist im christlichen Verständnis nicht das, was wir heute unter Gerechtigkeit verstehen, sondern eher ein fanatisches Eintreten für die Regeln des Christentums und eine Bestrafung derjenigen, die diese Regeln nicht einhalten – diesen armen Menschen bietet man „Seligkeit“. Damit ist ein Leben nach dem Tod im Himmel gemeint. Etwas, was von Lebenden sowieso nicht überprüft werden kann, ob man es dann tatsächlich auch bekommt.

Eine bloße Darstellung dieser Jesusworte, die geradezu nach Missbrauch schreien, kann deshalb reichlich fehlinterpretiert werden. Wir kommen nicht umhin, darüber zu reden, was daraus gemacht wurde und leider auch immer noch gemacht wird. So sammelt man heute noch reichlich Kirchensteuern und Spendengelder „für die Armen und Kranken“, setzt aber in Wirklichkeit nur einen Bruchteil dieser Gelder für soziale Zwecke ein.

Auf der Informationskarte steht: „In der zweitausendjährigen Geschichte des Christentums sind diese Worte aber oft nicht befolgt oder sogar in ihr Gegenteil verkehrt worden. In unzähligen Kriegen haben auch Christen ihre Feinde getötet, Jahrhunderte lang haben sie andere Menschen verfolgt und unterdrückt. Immer gab es Gruppen, die nach der Bergpredigt leben wollten, aber meist waren sie in der Minderheit.“

Das hängt einerseits mit dem oben beschriebenen Missbrauchspotential zusammen, andererseits aber auch mit der ausdrücklichen Anweisung zur Feindestötung in der Bibel (diese darf man, wenn man Schülern ein Grundwissen über das Christentum vermittelt, nicht aussparen). Auch die oben dargelegte Mitgift Konstantins hat ihr Übriges dazu beigetragen.

Karte – Das Glaubensbekenntnis

Bei diesem Thema könnte man auf der Aufgabenkarte anregen, dass Gläubige (evt. Klassenkameraden aus gläubigen Elternhäusern) befragt werden sollen, ob sie das, was sie beim Glaubensbekenntnis bekennen, auch wirklich glauben. (Gott als Schöpfer der Welt, Allmächtigkeit eines Gottes, Jesus als Gottes Sohn, Glauben an den Heiligen Geist, jungfräuliche Empfängnis, Auferstehung von den Toten, ewiges Leben) [16]

Karte – Die Sakramente / Das Abendmahl

Die Firmung – können sich Kinder wirklich dazu bekennen, Christ zu sein? Bei der Konfirmation sollen die 13-jährigen diese Frage mit „Ja“ beantworten: „Wollt ihr unter Jesus Christus, eurem Herrn, leben, im Glauben an ihn wachsen und als evangelisch-lutherischer Christ in seiner Kirche bleiben, so sagt ´Ja, mit Gottes Hilfe`“. Der Theologe Dieter Potzel fragt dazu: „Haben die Kinder eine faire Chance, diese Frage mit „Nein“ zu beantworten? [17] – Da sich einige Schüler gerade zum Zeitpunkt der Beschäftigung mit den Informationskarten Christentum vor der Konfirmation befinden, könnte es insbesondere auch für diese Schüler hilfreich sein, sich bereits vorher mit dieser Frage auseinander zu setzen.

Das Abendmahl – Es liest sich so friedlich: „ …und das Abendmahl/ die Kommunion (ein Teil des christlichen Gottesdienstes, mit dem die Gläubigen an die letzte Mahlzeit Jesu vor seinem Tod erinnern).“

Michael Schmidt-Salomon schreibt zum Thema Abendmahl: „… Zunächst muss festgehalten werden, dass sowohl Katholiken als auch Lutheraner von amtskirchlicher Seite her glauben müssen, während des Abendmahls wahrhaftig (nicht bloß symbolisch – das wäre calvinistische Ketzerei!) den „Leib des Herrn“ zu verspeisen, wodurch sie „eins mit IHM werden“ … Aber: Es besteht zwischen den Konfessionen erbitterte Uneinigkeit darüber, wie dieser „Leib des Herrn“ in die „vegetarische Hostie“ kommt. Der Streit entzündet sich also an der Frage, wie das rituell kannibalische Abendmahl theologisch korrekt zubereitet wird. Für Katholiken ist für die Brot-in-Fleisch-Verwandlung (Fachbegriff: „Transsubstantiation“) der Priester verantwortlich, Luther hingegen war der Auffassung, das mache „der liebe Gott“ persönlich, weshalb er die „Brotverzauberungslizenz“ („Priesterweihe“) abschaffte, was wiederum die katholischen Geistlichen heftig erzürnte – bis zum heutigen Tag! [18]

Man sollte ehrlich sein und wenn man nun schon über das Abendmahl schreibt, auch dazu schreiben, was dort wirklich nach katholischem und evangelischem Glauben passiert. Dass man nämlich den Leib des Herren aufisst. Und dass sich die katholische und evangelische Kirche nicht einig sind, auf welche Weise der Leib des Herren nun in das Brot hinein kommt, deshalb also auch kein gemeinsames Abendmahl eingenommen werden kann.

Die Internetseite http://www.theologe.de/sakramente_der_kirche.htm gibt weitere Anregungen zur Auseinandersetzung mit den Sakramenten.

Karte – Die Taufe

Zitat aus der Informationskarte: „Christliche Eltern lassen oft schon ihre kleinen Kinder taufen. Es können sich aber auch Erwachsene taufen lassen.“

Beim Studium der bisherigen Informationskarten ist aufgefallen, dass man sich in der Darstellung mehr um den ursprünglichen Glauben bzw. um die ursprünglichen Rituale bemüht hat. – Warum nicht bei der Taufe?

Die Taufe fand ursprünglich nur bei erwachsenen Menschen statt. Erst etwa ab dem 3. Jahrhundert hat man auch Säuglinge getauft. Mit der Einführung der Erbsünde ist man im 5. Jahrhundert ganz zur Säuglingstaufe übergegangen. Heute lässt man wieder Erwachsene taufen, weil es inzwischen viele Ungetaufte gibt, die die Kirche gern noch in ihre Reihen aufnehmen will. Die Taufe hat nicht nur den harmlosen Sinn, Menschen symbolisch in die christliche Gemeinschaft aufzunehmen, sondern sie dient dazu, die Erbsünde abzuwaschen. Sie ist näher betrachtet eine Art der Teufelsaustreibung. (Erbsünde und Teufelsaustreibung müssten erklärt werden.)

Die Säuglingstaufe wird auch deshalb kritisiert, weil man die Kinder nicht fragen kann, ob sie den Stempel einer Kirche aufgedrückt bekommen wollen.  Häufig geschieht die Taufe gegen den Willen des späteren Erwachsenen. Wer katholisch getauft wurde, bleibt lebenslang Mitglied der katholischen Kirche. Ein Austritt ist zwar formell, nicht aber nach dem Kirchenrecht möglich. [19]

Karte – Die Kirche

Man hätte an dieser Stelle noch darauf eingehen sollen, dass sich die Kirche(n) erst im Laufe der ersten Jahrhunderte nach der Niederschreibung der Bibelteile herausbildete(n), wie sie sich herausbildete und dass die Kirche, wie sie heute existiert, nicht zu der Lehre von Jesus passt. (Siehe dazu auch meine Ausführungen zur Karte „Verbreitung des Christentums“.)

Das Wort Kirche bedeutet übersetzt „Volksversammlung“ und war zunächst nur eine Gemeinschaft der Gläubigen. Der institutionelle Überbau ergab sich erst aus dem so genannten „apostolischen Auftrag“, die „frohe Botschaft“ zu verkünden (Mission) und die Gläubigen entsprechend zu unterweisen. [20]

Warum sind die heutigen Formen der christlichen Kirche weltanschaulich auf unsicherem Grund gebaut? Weil sie sich „auf einen Jesus berufen, den es nicht gab, auf Lehren, die er nicht gelehrt, auf eine Vollmacht, die er nicht erteilt, und auf eine Gottessohnschaft, die er selbst nicht für möglich gehalten und nicht beansprucht hat.“ [21]

Karte – Die Geistlichen

Katholische Priester müssen sich nicht nur verpflichten, ein Leben lang unverheiratet zu bleiben. Sie müssen sich auch dazu verpflichten, ein Leben lang keinen Sex zu haben. Immer wieder kommt es dazu, dass Priester diese hohe Bürde nicht ihr Leben lang durchhalten. Weltweit gibt es 1.000-e Priesterkinder, die häufig geheim gehalten werden, da ihr Vater sonst sein Amt und Einkommen verlieren würde. „Seit 1964 sind rund 85.000 katholische Priester aus dem Priesteramt ausgeschieden, zu dem sie lebenslang geweiht wurden, weil sie sich verliebt und geheiratet haben.“ [22] „Glaubwürdige Schätzungen gehen davon aus, dass etwa 20 Prozent der römisch-katholischen Priester homosexuell sind.“ [23] Sie sind dazu gezwungen, ihre Homosexualität zu verleugnen oder ein Doppelleben zu führen, wenn sie Priester bleiben wollen.

Karte – Die christliche Zeitrechnung

Zitat: „Die Jahre werden nicht wie im jüdischen Kalender von der angeblichen Erschaffung der Welt durch Gott, sondern von dem (angenommenen) Geburtsjahr Jesu aus gezählt. Alle Jahre, die vor der Geburt Jesu lagen, sind die Jahre „vor Christus“ …“

Das ist so falsch. Die Behauptung, im zurück datierten Jahr 1 unserer Zeitrechnung wäre der Christengottessohn geboren, ist unwissenschaftlich.  Nach Mt. 2.1 soll dieser Mann im Jahr 4 v.u.Z. oder  vorher geboren worden sein. Denn die Geburt wird dort mit „zur Zeit des König Herodes“ angegeben. Herodes starb im Jahr 4 v.u.Z.  Nach Lk. 2,1-2 soll der Christengottessohn im Jahr 6 oder 7 u.Z.  geboren worden sein. 

Der Julianische Kalender begann auch nicht, wie in dem Unterrichtsmaterial dargestellt, mit dem 1. Januar, sondern meines Wissens mit dem 1. März. Daran erinnern heute noch die Monatsnamen September – Dezember (7. – 10. Monat).

Karte – Advent und Weihnachten

Warum hat man das Geburtsdatum Jesu auf den 25. Dezember gelegt? Immerhin gibt es verschiedene Angaben in den historischen Dokumenten, die ein Geburtsdatum im April oder November nahe legen. Der 25. Dezember war schon das Geburtsdatum vorheriger Götter, wie z.B. des Mithras, des Sonnengottes, dessen Bräuche man sich teilweise einverleibt hatte. Außerdem wurden am 25. Dezember die Saturnalien gefeiert. Auch der Adventkranz wurde aus früheren Kulturen übernommen. Er ist eine Abwandlung des Julkranzes, bei dem allerdings an jedem Freitag eine Kerze weniger brannte. Den Adventskalender gibt es erst seit dem 19. Jahrhundert, der Weihnachtsbaum konnte sich erst gegen den Widerstand der Kirchen durchsetzen. Die Symbolik des Kerzenbaums, als Vereinigung von lebendem Licht (Flamme) und lebendem Grün (Nadelbaum), war verbreitet in vorchristlichen Kulturen und hat immer die Sonnwendfeier begleitet.

Das Weihnachtsfest als christliches Fest wurde erst ab dem 4. Jahrhundert gefeiert, nachdem das Christentum im Römischen Reich schließlich zur alleinigen Staatsreligion erhoben worden war. Die Umdeutung und Integration vorheriger Feste des heidnisch-römischen Kults in den neuen Glauben war ein strategisches Element der ersten mitteleuropäischen Missionare zur Christianisierung von Germanen und Kelten. Karl der Große machte in Mitteleuropa um 800 das Weihnachtsfest zum Kirchenfest. [24]  

„Die christliche Weihnachtserzählung ist uns allen so vertraut, dass viele glauben, sie stünde in allen Evangelien. Sie steht aber nur bei Lukas. Und Lukas hat sie aus alttestamentarischem und mehr noch aus paganem Gut heraus gesponnen. Wie stark gerade der heidnische Einfluss in der lukanischen Legende ist, wurde von der theologischen Forschung gezeigt: „1. Die leicht sentimentale Schilderung der reisenden Mutter, die keinen Platz findet, ihr Kind zu gebären. Hier denkt jeder griechische Leser an die Mutter Apolls, die auch keine Stätte fand und die die Dichter ähnlich schildern. 2. Wie das Zeuskind bei Kallimachos in Windeln gewickelt wird und das Dionysoskind in einer Getreideschwinge liegt, so liegt bei Lukas das in Windeln gewickelte Jesuskind in einer Krippe. 3. Die bukolische Hirtenerzählung wird ganz ähnlich bei der Geburt des Kyros und des Romulus überliefert, wohl auch in Mithraskindheitsgeschichten. 4. Die Lichterscheinung in der Nacht gehört in die Stimmung der Mysterien. „Mitten in der Nacht sah ich die Sonne strahlend im leuchtenden Licht“, heißt es von der Isisweihe. 5. Aus den Mysterienfeiern stammt der Ruf: „Euch ist heute der Heiland geboren.“ ….“ [25]

Die Darstellung des Weihnachtsfestes im vorletzten Abschnitt des Informationsblattes gehört eher nicht dorthin, denn sie hat weniger mit dem Christentum zu tun, sondern entspricht in weiten Teilen dem weltlichen Weihnachtsfest. (Fest des Friedens und der Liebe; Familienfest; bunt geschmückter Baum; Geschenke; Weihnachtslieder; feierliches Essen; Besuch von Verwandten und Freunden)

Karte – Das Verhältnis der Christen zu den Juden

Diese Informationskarte fehlt.

Ich halte es für unerlässlich, die Heranwachsenden zu diesem Thema aufzuklären. Das bedeutet ein Stück Aufarbeitung bisher noch unverdauter Geschichte, was unter Anwendung professioneller Lehrmethoden dazu beitragen wird, die Ablehnung der Unterdrückung von Menschen oder Bevölkerungsgruppen (egal, welche) in den Köpfen aller Menschen zu verankern. Religion darf nie wieder ein Grund für ein Menschen verachtendes Handeln sein.

Der Christengottessohn war nach der Erzählung der Bibel ein Jude. Daraus könnte man schlussfolgern, dass Christen und Juden Freunde sein müssten. Warum also kam es dazu, dass Juden in den vergangenen Jahrhunderten immer wieder von Christen diffamiert, versklavt, gedemütigt und getötet wurden?

Die Juden hatten den Anspruch, das von Gott auserwählte Volk zu sein. Eben diesen Anspruch wollten die Christen für sich allein. „Die Christen entwendeten den Juden das Alte Testament und gebrauchten es als Waffe gegen sie.“ … „Schon Paulus verdammt die Juden im ältesten Zeugnis des Neuen Testaments „bis ans Ende der Welt“.“ … Er „beschuldigt die Juden ganz generell, dass sie stehlen, ehebrechen und Tempel plündern.“ Nach dem Johannesevangelium bestreitet „der johanneische Christus“ den Juden „die (echte) Abrahamskindschaft und lässt sie dafür vom Teufel abstammen.“ [26], [27]  Die Kirchenväter des 3., 4. und 5. Jahrhunderts übernahmen den Judenhass, verfassten Schriften „Gegen die Juden“ behaupteten, „Der Teufel ist des Juden Vater!“, sie wären Verbrecher, „ein verworfenes Volk“ und „blutbefleckte Menschen“ und behaupteten immer wieder: Die Juden hätten Christus getötet. Juden wurden versklavt, die Verheiratung eines Juden mit einer Christin wurde unter Todesstrafe gestellt, ihre Synagogen wurden durch christliche Bischöfe und Heilige beschlagnahmt, zerstört, niedergebrannt oder zu Kirchen gemacht. Im Mittelalter wurden Juden immer wieder durch Katholiken verjagt und getötet, in „dreihundertfünfzig deutschen Gemeinden nahezu sämtliche Juden, meist durch Verbrennung bei lebendigem Leib.“ … „Im Jahre 1648 wurden in Polen bei einer antisemitischen Welle etwa 200.000 Juden umgebracht. „ … Papst Innoszenz III. bezeichnete sie in Jahre 1205 als „gottverdammte Sklaven“ … „schloss sie von öffentlichen Ämtern aus, verbot ihnen bei großen christlichen Festen das Betreten der Straße“ … „ordnete für Juden das Tragen bestimmter Kleidung oder gewisser Abzeichen an.“ [28] Dies sind nur wenige Beispiele für die Judenverfolgung, die es gegeben hat. – Der Antijudaismus findet sich auch bei Martin Luther, der mit seiner Schrift: „Von den Juden und ihren Lügen“ wesentlich zur Erhaltung des Judenhasses auch in der evangelischen Kirche beitrug. Er fordert: „Dass man ihre Synagogen oder Schulen mit Feuer anstecke, und was sich nicht verbrennen will, mit Erde überhäufe und beschütte, dass kein Mensch einen Stein oder Schlacke davon sehe ewiglich. …“ Auch im II. Weltkrieg wurde die Judenausrottung von einigen christlichen Kirchenführern unterstützt, was u.a. in verschiedenen Bekanntmachungen der Kirchen insbesondere zwischen 1939 und 1941 dokumentiert ist. [29]

Nach den schrecklichen Ereignissen des Weltkrieges und aufgrund humanistischer Einflüsse konnte der Judenhass in den Kirchen heute weitgehend eingedämmt werden. Aufgrund der öffentlichen Ächtung der Judenverfolgung ist es Kirchenvertretern heute auch nahezu unmöglich geworden, Judenhass zu äußern oder gar zu praktizieren.

Es gibt jedoch immer wieder Ereignisse, die uns davor warnen sollten, die Geschichte zu vergessen:

In Deggendorf, eine Stadt, in der 1337 alle Juden ermordet wurden, wo daraufhin zu Ehren Gottes eine Kirche errichtet wurde,  war diese Kirche noch bis 1992 aufgrund der Ereignisse ein Wallfahrtsort. Die Abschaffung der Wallfahrt wurde nicht von allen Deggendorfern begrüßt und führte auch innerhalb der Kirche zu geteilten Meinungen. [30]

Im Jahr 2009 hat Papst Benedikt den britischen Geistlichen Richard Williamson und drei weitere Bischöfe der ultrakonservativen Pius-Bruderschaft rehabilitiert. Diese Geistlichen leugnen den Holocaust und fordern: eine „Rückbesinnung der Kirche auf ihre ureigenen, überlieferten Werte und Wurzeln“. [31]

Papst Pius XII., der von 1939 – 1958 Papst war, hat damals den Holocaust wissentlich ignoriert. Der heutige Papst Benedict will Pius XII. heiligsprechen. Dieses Vorhaben wird vom Zentralrat der Juden kritisiert. [32] Um Papst Pius XII. in einem besseren Licht dastehen zu lassen, werden Tricks angewandt. Im November 2010 wurde ein Film „Unter dem Himmel Roms“ gezeigt, der eine deutsch-italienische Gemeinschaftsproduktion ist und geschichtsverfälschende Inhalte hat. Hier wird Pius XII. als Helfer der Juden dargestellt.

Nach dem Antisemiten Bischof Hans Meiser sind heute noch Straßen benannt [33]. Sein Bild hängt in den Amtszimmern führender Kirchenvertreter. [34]

Auch kommt es immer wieder vor, dass führende Kirchenvertreter in ihren Kirchen vor ihrem Gott für die Bekehrung der Juden beten. Für die Juden stellt das jedoch eine Beleidigung dar. Führende Vertreter der wenigen heute noch lebenden Juden haben dagegen protestiert. [35]

Aufgabe: Sucht in den Straßennamen Berlins und Deutschlands nach Personen mit antisemitischem Hintergrund! (Luther, Melanchthon, Richard Wagner, Balthasar Hubmaier, …) [36]

Karte – Das Verhältnis der Christen zu Nicht- und Andersgläubigen

Diese Informationskarte fehlt.

Wie man mit Andersgläubigen umzugehen hat, findet sich in beiden Teilen der Bibel. So steht z.B. im Alten Testament: „Ihre Altäre sollt ihr vielmehr niederreißen, ihre Steinmale zerschlagen, ihre Kultpfähle umhauen.“ [37]  Oder: „Gieß deinen Zorn aus über die Heiden, die dich nicht kennen, über jedes Reich, das deinen Namen nicht anruft.“ [38] Im Neuen Testament findet man Ähnliches: „Wer glaubt und sich taufen lässt, wird gerettet; wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden.“ [39] Jesus hält eine Rede gegenüber den Pharisäern, in der er diese als „Nattern“ und „Schlangenbrut“ beschimpft, im ersten Johannesbrief steht: „Wir wissen: wir sind aus Gott, aber die ganze Welt steht unter der Macht des Bösen.“ [40] Es gibt noch viele Stellen mit gleicher Intention im Alten und Neuen Testament.

Wie bereits im ersten Abschnitt beim Thema innerkirchliche Christenverfolgung dargelegt, wurden diese Anweisungen befolgt, sobald sich christliche Gruppen mit verschiedenen Theorien gegenüber traten. Das begann schon bei Paulus, verstärkte sich mit der Konstitution der Kirche(n) und weiter mit der Stärkung der Kirchen unter Konstantin, setzte sich fort über alle Jahrhunderte bis heute. Dabei wurden und werden insbesondere von den herrschenden Kirchenführern Menschen anderen Glaubens (incl. Menschen mit abweichendem christlichen Glauben, sowie auch religionsfreie Menschen diskriminiert, in ihren Handlungsfreiheiten eingeschränkt, gefoltert und getötet. Man findet entsprechende Verhaltensanweisungen bei fast allen bedeutenden Kirchenvertretern. In ausführlichen Schriften haben bedeutende Kirchenvertreter, einige von ihnen wurden inzwischen von Päpsten heiliggesprochen, ihr Vorgehen gegen die so genannten Häretiker und Ketzer begründet und verteidigt. Das Vorgehen gegen die Abweichler wurde seit Einführung des Staat-Kirche-Verhältnisses durch Konstantin immer auch unterstützt vom Staat.

Heute werden in Deutschland keine Abweichler mehr gefoltert oder getötet. Dennoch werden Menschen, die sich zum Christentum bekennen und am besten noch Kirchenmitglied sind, immer noch in einigen Bereichen bevorzugt. Obwohl etwa ein Drittel der deutschen Bevölkerung heute nicht mehr der Kirche angehört, werden z.B. fast alle politischen Ämter von bekennenden Christen belegt. Nur eine einzige Bundestagsabgeordnete hat nicht den Eid auf Gott abgelegt. [41] Viele Bundestagsabgeordnete sind nebenbei noch Mitglieder in kirchlichen Gremien. Auch durch ihrer Überrepräsentation in Ethikgremien nehmen christliche Politiker einen entscheidenden Einfluss darauf, dass christliche Moralvorstellungen ihren Niederschlag in unseren Gesetzen finden. [42] Die Kirchen genießen noch zahlreiche Privilegien und werden in Milliardenhöhe aus Steuergeldern der gesamten Bevölkerung finanziert. Der überwiegende Teil aller sozialen Einrichtungen ist Eigentum der Kirchen, in einigen Teilen Deutschlands wie z.B. Bayern sind es fast alle sozialen Einrichtungen. Menschen in sozialen Berufen wie z.B. Ärzte und Krankenschwestern haben dort oft keine Arbeitsmöglichkeit, wenn sich nicht Mitglied der Kirchen sind. Wer aber in einer kirchlichen Einrichtung arbeitet oder z.B. auch als Religionslehrer(in) angestellt ist, verliert oft seinen Beruf, wenn er oder sie sein oder ihr privates Leben nicht nach den Grundregen der Kirche gestaltet. Wer zum 2. Mal heiratet, verliert dadurch oft den Job. Dies alles mit Einverständnis der bundesdeutschen Regierung. Kirchen haben darüber hinaus auch besondere Privilegien in den Medien und können so zur Meinungsbildung der Bevölkerung beitragen. [43] Die beiden großen christlichen Kirchen werden vom Staat auch gegenüber vielen kleinen christlichen Gruppen bevorteilt. Ein großer Teil dieser Gruppen wird als Sekten abgestempelt. [44]

„Die Präambel unseres Grundgesetzes beginnt mit: „Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen“. Ähnliches steht auch in mehreren Länderverfassungen (Baden-Württemberg , Bayern, Niedersachsen, Nordrhein- Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, und Thüringen).“ [45]  „In Baden-Württemberg, Bayern, NRW, Rheinland-Pfalz und im Saarland ist als oberstes Bildungsziel „Ehrfurcht vor Gott“, oder „Gottesfurcht“ verankert. Hier wird implizit dazu aufgefordert, Kinder und Jugendliche in Angst und Abhängigkeit gegenüber einem religiösen System zu erziehen und das im gesamten Schulunterricht, nicht nur im Religionsunterricht. Dies steht sowohl der Weltanschauungsfreiheit als auch dem Recht auf ungestörte Religionsausübung diametral gegenüber.“ [46]

[1] In der Jugendarbeit der Kirchen scheint die Thematisierung der frühen Christenverfolgungen eine wichtige Rolle zu spielen. Daher entwickelte man wohl auch Spiele, wie dieses: http://www.praxis-jugendarbeit.de/spielesammlung/christenverfolgung-in-rom.html . Es steht jedoch zu befürchten, dass auch die Kirchen in ihren Religionsunterricht das Thema einseitig vermitteln. Daher ist es umso wichtiger, im Ethikunterricht den Blick der Schüler etwas weiter zu fassen.

[2]  Karlheinz Deschner, „Abermals krähte der Hahn“, Verlag Arthur Moewig, 1989, S. 413f.

[3]  Karlheinz Deschner, „Abermals krähte der Hahn“, Verlag Arthur Moewig, 1989, S. 433

[4]  Karlheinz Deschner, „Kriminalgeschichte des Christentums, Die Frühzeit“, Verlag Rowohlt, 1996, S. 210f.

[5]  http://de.wikipedia.org/wiki/Christenverfolgungen_im_R%C3%B6mischen_Reich#Decius_.28249.E2.80.93251.29

[6]  Karlheinz Deschner, „Kriminalgeschichte des Christentums, Die Frühzeit“, Verlag Rowohlt, 1996, S. 217 f.

[7]  Karlheinz Deschner, „Kriminalgeschichte des Christentums, Die Frühzeit“, Verlag Rowohlt, 1996, S. 264

[8]  Karlheinz Deschner, „Kriminalgeschichte des Christentums, Die Frühzeit“, Verlag Rowohlt, 1996, S. 279

[9]  Karlheinz Deschner, „Abermals krähte der Hahn“, Verlag Arthur Moewig, 1989, S. 404

[10]  Karlheinz Deschner: „Das Kreuz mit der Kirche“, Wilhelm Heyne Verlag, München, 1974, S. 208

[11]  Kirchenvater Hieronymus, hl., 347-420

[12]  Fuchs, J.: „Die Sexualethik des heiligen Thomas von Aquin“, 1949, S. 139

[13]  Karlheinz Deschner: „Das Kreuz mit der Kirche“, Wilhelm Heyne Verlag, München, 1974, S. 218f.

[14]  Ex 22,17

[15]  Ex 22,19

[16]  Siehe dazu: http://www.reimbibel.de/statistik.htm

[17]  http://www.theologe.de/sakramente_der_kirche.htm#Konfirmation   

[18]  Michael Schmidt-Salomon: „Die Kannibalen kommen!“,Editorial zu MIZ 3/2003, http://www.schmidt-salomon.de/editMIZ303.htm

[19]  Zeitschrift „Der Theologe“, Herausgeber Dieter Potzel, Ausgabe Nr. 40, Die katholische und evangelische Taufe – Was steckt wirklich dahinter?, zit. nach http://www.theologe.de/taufe_katholisch_evangelisch.htm , Fassung vom 4.2.2011

[20]  Carsten Frerk, Michael Schmidt-Salomon: „ Die Kirche im Kopf“, Alibri Verlag, Aschaffenburg, 2007, S. 193

[21]  Augstein, Rudolf: Jesus Menschensohn. München 1999, S. 11

[22]  http://www.karin-jaeckel.de/werhilft/zoelibat.html ; Karin Jäckel ist die Autorin eines Buches über Priesterkinder: „Sag keinem, wer dein Vater ist.“

[23]  http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,386709,00.html 

[24]  Helmut Steuerwald, „Mythos Weihnachten ‑ Geburt des Jesus‑Kindes? – Wie eine Legende entstand, verbreitet und ausgenutzt wurde“, Vortrag beim Bund für Geistesfreiheit(bfg) Fürth 1999, http://www.schulfach-ethik.de/ethik/Gymnasium/mythosweihnachten.htm 

[25]   Karlheinz Deschner, „Abermals krähte der Hahn“, Verlag Arthur Moewig, 1989, S. 86

[26]   Joh 8,44

[27]   Karlheinz Deschner, „Abermals krähte der Hahn“, Verlag Arthur Moewig, 1989, S. 486 ff.

[28]   Karlheinz Deschner, „Abermals krähte der Hahn“, Verlag Arthur Moewig, 1989, S. 492 ff.

[29]   http://www.theologe.de/theologe4.htm

[30]   http://www.focus.de/schule/lehrerzimmer/wettbewerbe/history/tid-5732/metten_aid_56238.html

[31]   http://www.welt.de/welt_print/article3283254/Zentralrat-der-Juden-warnt-vor-Antisemitismus-in-den-Kirchen.html

[32]   http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,668136,00.html

[33]    Lt. Google Map im März 2011 in Bayreuth, Kulmbach und Schwabach

[34]   http://www.theologe.de/theologe11.htm

[35]   http://sc.tagesanzeiger.ch/dyn/news/ausland/852861.html

[36]   Zum Thema Christen und Antisemitismus finden sich z.B. hier umfassende Informationen: http://www.theologe.de/theologe4.htm#Antisemitismus

[37]    Ex. 34; 12,13

[38]    Ps. 79; 6

[39]   Mk. 16;16

[40]   1 Joh. 3; 8-10

[41] Im Wortlaut des Amtseides und des Diensteides der Bundesrepublik Deutschland wird der Schwur mit den Worten „So wahr mir Gott helfe“ bekräftigt.

[42] Beispiele: verbotene aktive Sterbehilfe, Diskriminierung von homosexuellen und transsexuellen Menschen, unzureichende Kostenerstattung und Gesetzgebung im Zusammenhang mit reproduktionsmedizinischen Behandlungen, Einfluss auf das Verbot der Präimplantationsdiagnostik. Letzteres wird durch die aktuell politische Diskussion und durch einen allmählichen Wandel bei der Rechtssprechung allerdings evt. bald Vergangenheit sein. Das kirchliche Abtreibungsverbot wurde in Deutschland auch schon vor Jahrzehnten abgeschafft.

[43] Die Internetseite des Humanistischen Pressedienstes www.hpd.de informiert fast täglich auch über aktuell politische Themen, die das Staat-Kirche Verhältnis belegen. Eine Sammlung zu aktuell politischen Themen der letzten Jahre hat z. B. der ehemalige evangelische Pfarrer Dieter Potzel hier: http://www.theologe.de/kirche_staat.htm abgelegt.

[44] http://www.theologe.de/theologe12.htm

[45] http://www.laizisten.de/index.php?option=com_content&task=view&id=94&Itemid=33

[46] http://www.laizisten.de/index.php?option=com_content&task=view&id=94&Itemid=33

www.reimbibel.de/BT1.htm